Vertane Chance: Zur Kinopremiere des neuen Films über Papst Benedikt XVI.

(David Berger) Gestern hatte ein neuer Film über Papst Benedikt XVI, der unter dem Titel „Verteidiger des Glaubens“ Ende des Monats in die Kinos kommt, in Berlin seine Kimopremiere. Leider schreibt er nur die üblichen Stereotype fort, reduziert das Pontifikat weitgehend auf den Missbrauchsskandal und erweist sich am Ende als einzige vertane Chance.

Eine der vielen Vorpremieren des neuen Films des Regisseurs Christoph Röhl fand gestern in Berlin im Cinema Paris am Kurfürstendamm statt, diesmal die Kinopremiere.

Gezeigt wurde in Berlin erstmals der Film „Verteidiger des Glaubens“, der den Menschen, Kleriker und Papst Josef Ratzinger / Benedikt XVI. den Zuschauern näher bringen will und ab Ende des Monats deutschlandweit in den Kinos läuft.

Laienkatholik Thomas Sternberg begeistert

Als Ehrengast mit geladen war auch der Präsident des umstrittenen Zentralkomitees der Katholiken Sternberg, der in der anschließenden Diskussion in seiner Begeisterung für den Film überhaupt nicht zu bremsen war.

Um es gleich für die ganz Frommen vorwegzunehmen: Der Film ist frei von heftigen Provokationen, scheint wie gemacht für das Ü 60-Publikum des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der den Film finanziell gefördert hat. Erregungsgefahr geht von ihm weder in die eine noch in die andere Richtung aus.

Alte Stereotype gegenüber der traditionellen Catholica fortgeschrieben

Er gibt im Grund genommen nur – freilich mit teilweise sehr interessanten Archivbildern – wieder, was in den deutschen Mainstreammedien seit 2010 über Benedikt XVI. zu lesen war. Und so verwundert es auch nicht, dass hier wie dort fast ausschließlich Menschen zu Wort kommen, die Ratzinger bzw. Papst Benedikt und die Kirche, für die er steht, soft (Wolfgang Beinert) bis hart kritisieren.

Ein Ausnahme macht hier ein Interview mit Msgr. Gänswein, der in dem Film immer mal wieder mit einem klugen Statement auftaucht. Auch dass der Blick auf das ganze Pontifikat vom Missbrauchsskandal geprägt ist, dürfte für die Leser von taz und „Zeit“ kaum verwunderlich sein. Was Röhl nicht zu verübeln ist, da er das Thema offensichtlich – wenn man seine übrigen Filme ansieht – zu seinem Lebensthema gemacht zu haben scheint.

Ist die traditionelle Catholica die Ursache für den Missbrauchsskandal?

Oder um die Botschaft des Filmes kurz zusammenfassen: Papst Benedikt steht für die vor-konziliare Kirche der Ordnung, die aber zugleich unmenschlich war und nur mit der Angst vor der Hölle arbeitete. Anfangs sei er ganz vernünftig gewesen bis er aus lauter Schock über die Studentenunruhen in den 68-er Jahren eine komplette Kehrtwende gemacht habe und zum erzkonservativen Inquisitor und dann später zum tragischen Papst geworden sei. Wenn es eine Sache gibt, die man dem Film nicht vorwerfen kann, dann ist es übergroße Differenziertheit und das Wahrnehmen von Grautönen.

Denn diese vor-konziliare Konzeption von Kirche mit ihrem Bild des ehemaligen Priesters sei die Hauptschuldige für das Verbrechen des Missbrauchs von schutzbefohlenen Kindern und Jugendlichen. An dieser Stelle wird dann noch der Bruder des Papstes und die (kaum sexuelle, aber nicht minder schlimme physische) Gewalt gegen einige Mitglieder der Regensburger Sängerknaben thematisiert. Und gegen Ende mit dem Hinweis auf die Einführung der Homoehe in Irland das Thema des Missbrauchs auch noch mit dem der Homosexualität verknüpft. Sodass am Ende das Bild eines Papstes entsteht, der wider Willen enorme Schuld am Missbrauch tausender Kinde rund Jugendlicher in der katholischen Kirche hat.

Fehlender theologischer Hintergund und kaum Wissen über den Vatikan

Wie falsch das angesichts der rabiaten und enorm mutigen Maßnahmen Papst Benedikts XVI. gegen Pater Marcial Maciel (Legionäre Christi) ist, zu denen sich sein Vorgänger nicht durchringen konnte, wurde nirgends deutlich. Dafür umso deutlicher, wie sehr man mit dem Katholizismus wenig vertraute Menschen triggern kann. Das zeigte die anschließende Diskussion unter den ausgewählten Besuchern der Premiere: Da wurde etwa gefragt, warum in Deutschland Priester, die sich des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht haben, grundsätzlich nicht vor ein normales Gericht gestellt werden dürfen. Oder Sternberg wurde dazu aufgefordert, an Ort und Stelle und dann öffentlich vor der katholischen Kirche als „krimineller Vereinigung“ zu warnen.

Aber nicht nur dieses stereotype Bild, das vermutlich auch den öffentlich-rechtlichen Geldgebern des Filmes geschuldet ist, fiel negativ aus. Insgesamt hatte man den Eindruck, dass hier Insiderwissen, besonders theologisch fundiertes, praktisch nicht vorhanden ist: So etwa, wenn die legendäre Fronleichnamsprozession auf der Via Merulana in Rom als Bildmaterial zu dem Mexiko-Besuch von Papst Benedikt XVI. gezeigt wurde. Oder „Modernism“ in der Aussage eines Kirchenkritikers und Dominikaners als „Moderne“ übersetzt wurde.

Wo waren Michael Hesemann oder Peter Seewald?

Auf meine Frage, ob Röhl denn nur Aussteiger aus den Legionären und den Kirchenvolksbegehrern Nahestehende zu einem Interview bereit waren bzw. warum er  keinen Protagonisten für seinen Film gefunden habe, der sich ausschließlich positiv über Benedikt äußern könnte (aus dem Opus Dei, von seinen vielen anderen Schülern bis hin zur Generation Benedikt oder einen Michael Hesemann bzw. Peter Seewald), antwortete Röhl ausweichend und Herr Sternberg hielt stattdessen eine längere Laudatio auf das (durch mich angegriffen gefühlte) Laientum in der Kirche und die Sonderstellung des Priesters.

In der Diskussion erzählte dann der Regisseur, dass ihm Gänswein, der von dem Interview mit Röhl angetan gewesen sein soll, ihm sogar den Vorschlag gemacht hat, Benedikt selbst zu interviewen. Das habe Röhl aber halb im Trubel vergessen, halb absichtlich nicht getan, weil er ja einen Film über Benedikt drehen wollte, nicht mit ihm…

Nicht nur in diesem Detail, insgesamt entstand am Ende der Eindruck einer großen verpassten Chance: Finanzielle Mittel, tolle Archivmaterialen, ein spannendes Thema, zu dem wir bislang nur mit von Vorurteilen gegen die Tradition der Catholica gesättigten Berichten gefüttert wurden. Daraus hätte ein epochaler Film entstehen können. Stattdessen: eine Neuauflage all dessen, was wir ohnehin schon wissen, aufgehübscht mit schönen Bildern und eingängigen Melodien, die aber auch mit der Person Benedikts (dem „Mozart unter den Theologen“) nichts zu tun haben. Schade!

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„Respekt“: Erzbischof Gänswein über seine Begegnung mit David Berger

Nachdem mein Foto mit dem Privatsekretär des Papstes, Msgr. Georg Gänswein, v.a. in den USA enormen Wirbel ausgelöst hat, hat der Erzbischof auf Anfrage der US-amerikanischen katholischen Nachrichtenagentur CNA zu den in den sozialen Netzwerken kursierenden Gerüchten Stellung genommen.

Manchmal ist es erstaunlich, wie viel Wirbel ein einfaches Selfie auslösen kann. Nachdem ich vorgestern – bewusst die Privatheit des Artikels unterstreichend – hier auf PP ein Foto, das mein Partner mit Erzbischof Gänswein, dem Privatsekretär des Papstes, und mir in der Römischen U-Bahn aufgenommen hatte, veröffentlicht hatte, reagierte die im Stil und vermutlich auch organisatorisch eng mit der untergegangenen rechtsextremen Seite kreuz.net verbundene Internetseite gloria.tv sehr rasch:

Rechtsextremer Kreuz.net-Ton bei Gloria.tv

Im üblichen kreuz-net-Ton, der ein gutes Beispiel dafür ist, dass es krankhafte Homophobie und dazu gehörige neurotische Hassrede tatsächlich gibt, wurde über das Foto berichtet – nicht ohne in paranoide Verschwörungstheorien zu verfallen.

Diese haben v.a. in den USA die Runde gemacht – sodass die amerikanische Nachrichtenagentur CNA Msgr. Gänswein um eine Stellungnahme bot.

Diese ist bereits heute veröffentlicht worden. In dem einleitenden Text heißt es: „Große Aufregung in den Sozialen Medien, vor allem in den USA: Erzbischof Georg Gänswein soll auf einem „Selfie“ mit David Berger zu sehen sein. Was steckt dahinter? CNA Deutsch hat den Präfekten des Päpstlichen Haushaltes gefragt“

„Achtung und Takt“ statt Aufregung

thomas von aquinGleich eingangs weist Gänswein in dem Interview indirekt den Hassartikel von Gloria.tv zurück und betont, dass er mit Homosexuellen „keinerlei Berührungsängste habe“ – Für ihn sei der Katechismus der Kirche Richtschnur, der jeden Katholiken verpflichte, Homosexuellen mit „Achtung, Mitleid und Takt“ zu begegnen und sie nicht „in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen“.

Dass die katholische Nachrichtenagentur dabei das Wort Mitleid – sicher nicht ohne Einverständnis – im Titel ausblendet, scheint kein Zufall.

Aber irgendeine geplante Audienz oder ein bewusst gesetztes Signal aus dem Vatikan, wie die Verschwörungstheoretiker vermuteten, sei das nicht gewesen. Er werde nicht selten nach solchen Selfies gefragt. Und er ergänzt:

„Ich bin ja nicht Angela Merkel, die mit solch einem Selfie weitere Flüchtlingsströme auslösen könnte.“

Am Ende fügt Gänswein – nach all dem, was 2011 und 12 geschehen ist – versöhnlich hinzu:

„Es hat mich gefreut, dass er sich inzwischen beim Papa emerito Benedetto XVI. öffentlich für seine früheren infamen Unterstellungen entschuldigt hat und wünsche ihm eine gnadenreiche Weihnachtszeit.

Er ist wohl ein gestrauchelter Mann, aber offensichtlich sucht er auf den Pfad der Tugend und Wahrheit zurückzukehren. Wie könnte man einem solchem Bemühen anders als mit Respekt begegnen?“

Wer vatikanische Sprachgewohnheiten kennt, weiß, dass diese Antwort (mir) sehr sehr viel bedeutet.

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Warum ich Papst Benedikt XVI „reuigen Herzens“ um Verzeihung gebeten habe

(David Berger) Mein neues Buch über Leben und Denken des hl. Thomas von Aquin ist „Papst Benedikt reuigen Herzens gewidmet“. Viele der Leser haben mir mit der Frage geschrieben, was es mit dieser sehr speziellen Widmung auf sich habe. Daher hier noch einmal ein Text, den ich im August 2016 verfasst habe.

widmung david berger papst

Anlässlich der Veröffentlichung eines Interviewbuches mit Papst Benedikt XVI. durch Peter Seewald hatte mich im August 2016 ein Journalist einer großen Zeitung vor einigen Tagen angefragt, ob ich „mein Outing von Papst Benedikt XVI“, das ich damals „im ZDF und Stern-TV im Sommer 2012 gewagt habe“, nicht in einem umfangreicheren Interview wiederholen möchte.

Ich habe ihm – ohne nur eine Sekunde zu überlegen – eine klare Absage erteilt. Warum?

Auf zweifelhafte Gerüchte und eine fatale Ideologie gestützt

Zum einen war das, was ich damals beim ZDF von mir gab, kein echtes „Outing“. Ich hatte immer wieder betont, dass ich nicht weiß, was in den Schlafzimmern von Ratzinger bzw. Papst Benedikt XVI vorgehe, sogar in einem Nebensatz angemerkt, dass ich davon ausgehe, dass der Papst gar keinen Sex hatte bzw. das Zölibat streng eingehalten hat.

Aber eben fatalerweise auch über Gerüchte gesprochen, die im Vatikan kursierten, in der Zeit als ich für den Vatikan tätig war. Und mich daneben auf zweifelhafte Theorien gestützt, nach denen Männer, die sich kritisch zur Gay-Szene äußern, angeblich häufig ungeoutet schwul sind und damit große psychische Probleme haben.

Italienische Zeitungen greifen die dummen Aussagen begierig auf

Die diesbezügliche Aussage ergab sich in den Vorgesprächen mit den jeweiligen Redakteuren der TV-Sendungen, die mich danach fragten. Und dann sehr schnell feststellten: „Das ist ja ein heißes Ding“.

In den weiteren Vorgesprächen fiel dann die Aussage: „In den Einspielerfilm können wir das nicht hineinnehmen, aber das Gespräch in der Sendung ist live – da passt das perfekt hin. Das kann dann keiner mehr verhindern.“

Die Zeitungen, vor allem in Italien, haben meine nur halb verstandenen Aussagen dennoch begierig aufgegriffen und daraus Schlagzeilen gemacht.

Inzwischen ist  mir bekannt, dass Benedikt diese Aussagen erreichten und ihm schweren Schmerz zugefügt haben. Zugleich weiß ich um seine hohe Sensibilität, auch dass er mir zuvor mehrmals über sein Umfeld schätzende Worte zu meinem theologischen Arbeiten hat ausrichten lassen.

Wie ein undankbarer, untreuer Sohn

Nach den Jahren, die inzwischen vergangen sind, komme ich mir immer mehr wie ein undankbarer, untreuer Sohn vor. Und es tut es mir leid, dass ich das Gesagte nicht mehr einfangen und zurückholen kann. Dass ich nur mit zerknirschtem Herzen und gesenktem Haupt sagen kann, dass mir meine Worte von damals aufrichtig leid tun.

Gerade vor dem Hintergrund der Tragödie des derzeitigen Pontifikates von Papst Franziskus, der das Papstamt schwer beschädigt, die Kirche unter seinen immer neuen dogmatischen Deviationen schwer leiden lässt, die Welt mit seinem zeitgeistigen Islam-Appeasement in einen gefährlichen Irrweg treibt, erscheint Papst Benedikt XVI als die große Lichtgestalt auf dem Petersthron. Als der Papst einer Catholica, die noch um ihre Tradition und Identität weiß.

Als der authentische Repräsentant einer Catholica, die jenes Herz Europas ist, das sie so dringend bräuchte, um über der derzeitigen Völkerwanderung und damit verbundenen Islamisierung nicht in ihrem Kulturrelativismus zusammenzubrechen.

Heiliger Vater, ich bitte Sie aufrecht und mit zerknirschtem Herzen um Entschuldigung!

Er ist der Papst, der durch seine Gelehrsamkeit, seine liturgischen Reformen im Sinne der traditionellen Liturgie und die Milde, die er ausstrahlte, zeigen konnte: Die katholische Kirche ist tatsächlich der die Zeiten und Moden überdauernde Hort des Wahren, Schönen und Guten.

Mich dagegen haben bei der „Outing“-Sache Zeitgeistigkeit, menschliche Schwäche und falscher Ehrgeiz verbunden mit Eitelkeit geleitet: In diesem Sinne, heiliger Vater, Papst Benedikt XVI, bitte ich Sie aufrecht und mit zerknirschtem Herzen um Entschuldigung!

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Postscriptum:

Die Kritik an Franziskus wird in dem Text nur am Rande erwähnt, da der Kontrast zwischen den beiden Pontifikaten mir erst die Größe Benedikts immer mehr bewusst gemacht hat.

Und  die kritisch angemerkten Punkte sind keine Fisimatenten von mir. Ein Journalist wie Alexander Kissler, der kaum im Ruf steht ein Kirchenkritiker zu sein, hat zu einer Kritik finden müssen, die noch tragischer vernichtend  ist als das von mir hier Gesagte: „Wie der Papst seiner Kirche schadet“

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(c) Foto: By Rvin88 (Own work) [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons