Gesammelte Aufsätze

Die gefährliche Rede vom „Schuldkult“ der Deutschen

(David Berger) „Hört endlich auf mit dem Schuldkult“, „Der Schuldkult ist die Ursache für die Grenzöffnung Merkels“ – solche und ähnliche Aussprüche hört man immer öfter im Lager derer, die sich gerne als „Patrioten“ bezeichnen. Die Problematik dieses Begriffs ist dabei den wenigsten bewusst.

Aufgrund heftiger Aggressionen rechtsextremer Kreise gegen meine Person wurde ich in den Diskussionen der letzten Wochen immer wieder mit dem Begriff „Schuldkult“ konfrontiert. Er wird meistens von den „neuen Rechten“, gelegentlich aber auch einigen Liberal-Konservativen gebraucht.

Bei „Schuldkult“ handelt es sich, das sollten alle zuerst wissen, die ihn gebrauchen, um einen Begriff, der von ehemaligen Nationalsozialisten im Kontext der Entnazifizierung erfunden wurde. Er soll die nach dem Ende des Dritten Reiches entstandene Erinnerungskultur im Hinblick auf die Verbrechen des nationalsozialistischen  Deutschlands, besonders die Schoa, entwerten.

Immer wieder entsteht dadurch der Eindruck, dass mit dem Gebrauch des Begriffs mehr oder weniger bewusst der Versuch gemacht wird, die Verantwortung für die Verbrechen der Nationalsozialisten und deren Folgen zu verharmlosen. Dabei unterstellt man allen, die von diesen Verbrechen sprechen, dass sie dies demagogisch zur Unterdrückung Deutschlands und zur Verhinderung der Entstehung eines neuen Nationalismus tun. Sehr oft wird dann im gleichen Atemzug betont, dass die NS-Verbrechen auch nicht schlimmer seien als die Kriegsverbrechen der Alliierten im Zweiten Weltkrieg.

Brauchen wir eine erinnerungspolitische Wende?

In diesem Zusammenhang wird dann auch die Forderung erhoben, dass wir in unserer Erinnerungskultur eine Wende brauchen: Dass es Zeit ist, endlich den Jahren des Nationalsozialismus, diesem hyper-perversen Sozialismus, und den damit verbundenen Verbrechen der Schoah weniger Aufmerksamkeit zu widmen als bisher geschehen.

Alice Weidel hat dazu bereits Klartext gegen Höcke & Co gesprochen:

Bei dem Ruf nach einer „erinnerungspolitischen Wende“ begegnen wir häufig folgenden Argumenten:

„Was gehen mich die Verbrechen meiner Ururgroßväter und Mütter an? Wieso werde ich dafür heute noch haftbar gemacht? Ich habe doch keine Schuld an dem, was passiert ist!“

Und in der Folge dann:

„Dieses Schuldgefühl wird doch nur instrumentalisiert, damit wir Deutschen zu allem, von offenen Grenzen bis zu massenhaften Vergewaltigungen deutscher Frauen und Kinder durch Migranten, verschämt schweigen.“

(Achtung an die Qualitätsmedien und die damit verbundenen Zensurstellen: Das sind Zitate aus sozialen Netzwerken! Nicht meine Aussagen!)

Es gibt keine Kollektivschuld im Sinne einer „Solidarschuld“

arfa holocaustmahnmalZunächst ist es völlig korrekt: Eine persönliche Schuld gibt es bei jenen, denen die „Gnade der späten Geburt“ (Helmut Kohl) vergönnt war, tatsächlich nicht.

(Foto: Die Jüdin Orith Arfa im Gespräch mit PP am Holocaust-Mahnmal)

Auch gegen eine Kollektivschuld im Sinne einer „Solidarschuld“ haben sich schon 1945 kluge Köpfe, wie etwa der britisch-jüdische Verleger Victor Gollancz, ausgesprochen. Und das zu einem Zeitpunkt und unter Bedingungen, die alles andere hätten verständlich erscheinen lassen.

Das heißt, es ist geradezu „unsinnig, jeden einzelnen Deutschen der Naziverbrechen für schuldig zu halten– aus dem einfachen Grund seiner Zugehörigkeit zur deutschen Nation“ ( Benjamin Sagalowitz, 1950).

Etwas anderes freilich ist es, von „Versagen“ und damit auch „Schuld“ in historischen Zusammenhängen zu sprechen.

Ich bin in den Bundesrepublik Deutschland 1968 geboren. Ich habe dieses Land in meiner Kindheit und Jugend als meine Heimat, die mir alle Entfaltungschancen gab, schätzen gelernt.

Heimatliebe ist kein Verbrechen

In Bayern aufgewachsen und auf einer Klosterschule gebildet, war mein Unterricht noch so gestaltet, dass die deutsche Geschichte nicht auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 reduziert war, wie die „Schuldkult“-Rufer immer wieder insinuieren. Sondern es war ein Unterricht, in dem auch die großen Zeiten unseres Volkes, seine Hochleistungen in Kunst und Kultur eine entscheidende Rolle in allen geisteswissenschaftlichen Fächern spielten.

Wenn ich mich recht erinnere, trat in dieser Zeit neben die einfache Liebe zur Heimat, die sehr regional auf das Frankenland und auf Bayern bezogen war, jene zu meinem Vaterland. Ich empfand zum ersten mal das Glück zu einem Volk zu gehören, das in seiner Geschichte neben Dunkelheiten eben auch viele lichte Sternstunden, von der Kaiserkrönung Karls bis hin zur friedlichen Revolution von 1989 kennt. Ein Volk, das ganz entscheidend die Geschicke Europas mitgeprägt hat. und noch heute schlägt mein Herz höher, wenn die Bayern- oder Deutschlandhymne erklingt.

Gott mit dir, du Land der Bayern,
deutsche Erde, Vaterland!
Über deinen weiten Gauen
ruhe Seine Segenshand!
Er behüte deine Fluren,
schirme deiner Städte Bau
Und erhalte dir die Farben
Seines Himmels, weiß und blau!

Je mehr ich mich mit der Geschichte und Gegenwart des jüdisch-christlichen Abendlandes beschäftigt habe, ist auch in mir die Freude daran gewachsen, selbst von dieser Kultur und Geschichte geprägt zu sein. Von jenem in den letzten Jahren auf einmal im Zusammenhang mit Pegida zum „Nazibegriff“ herabgewürdigten Abendland, in dem Menschen deutscher Sprache eine wichtige Rolle gespielt haben.

Das jüdisch-christliche Abendland gegen einen falschen Nationalismus

Es erfüllt mich nach wie vor mit Stolz, Kind des Abendlandes zu sein. Jenes Abendlandes, das im Mittelmeerrraum in der Antike geboren, aus dem Denken großer Geister wie Sokrates, Platon und Aristoteles hervor wuchs, vom Rechtsdenken und den strategischen Leistungen der Römer geprägt wurde.

Ein Erbe, das nach dem Untergang der Antike von der katholischen Kirche und ihren Geistesgrößen – wie einem Thomas von Aquin – bereichert wurde. Und ganz entscheidend auch durch den Einfluss der immerhin fast ein Jahrtausend prägenden Tradition des „Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation“ (962-1806) – weiter getragen wurde.

Ein stets in einem lebendigen Traditionsprozess und interkulturellem Austausch modifiziertes Erbe, das zunächst die Geburt der Universität und eines echten Wissenschaftsverständnisses, dann durch heftige Kämpfe (von dem Investiturstreit angefangen bis hin zur immer noch nicht ganz abgeschlossenen Kampf für die Trennung von Thron und Altar) hindurch Aufklärung und Säkularisierung ermöglichte.

Dieser Stolz und diese Freude ist jedoch immer verbunden mit dem Wissen um die tiefen Schatten, die neben diesen Lichtsäulen der Geschichte stehen:

Aristoteles, der mit Plato wie kein anderer für das Geistesgerüst der hellenistischen Kultur und damit die Geburt des Abendlandes steht, war auch der Lehrer eines Alexander, dem die Geschichte den Beinahmen des Großen gegeben hat. Und das obwohl er Tausende seiner Soldaten, seinen Geliebten und schließlich sich selbst für seine Machtgelüste und ein Denken, in dem sich (soweit wir das wissen) Idee und Ideologie vermischen, in den Untergang trieb.

Das Wissen auch darum, dass der Untergang der Monarchien im Zusammenhang des ersten Weltkrieges eigentlich mehr Demokratie hätte ermöglichen sollen, aber stattdessen Diktaturen in ganz Europa und damit dem Zweiten Weltkrieg den Weg bereitet hat.

Das Wissen darum, dass die katholische Kirche die Entwicklung der Menschenrechte über das christliche Ethos vorbereitete, stets ihre Stimme gegen übertriebene Nationalismen erhob, aber gleichzeitig noch bis vor wenigen Jahrzehnten den heidnischen Antisemitismus ideologisch vorbereiten half. Und nun wieder fast komplett versagen, wenn es um den Import von Millionen an Antisemiten nach Europa geht.

Und das Wissen darum, wie sehr das Volk der Dichter und Denker sich zum willfährigen Vollstrecker von verbrecherischen Barbaren hat machen lassen.

Neben dem Stolz steht auch tiefe Scham über die Verbrechen der Nationalsozialisten

So steht neben all dem Stolz auch immer die tiefe Scham über die Unheilsjahre in Deutschland und die damit verbundenen Verbrechen der Nationalsozialisten, zumal an den Juden, aber unter anderem auch an Homosexuellen, Katholiken, dem Adel und den Zeugen Jehovas – und an den angegriffenen Völkern der eigenen deutschen Bevölkerung.

Wer diese Geschichte näher betrachtet, sieht wie das Böse und die damit verbundene Schuld in ihrer enormen Macht ungeheuer starke Verflechtungen und Netzwerke bildet, die eine Dimension erreichen, in der kaum jemand mehr komplett unschuldig bleiben kann. Der damalige Papst Pius XII ist dafür ein anschauliches Beispiel.

Die Scham eines Abendländers auch darüber, dass man Osteuropa die Schande des Kommunismus angetan hat – mit all seinen Verbrechen, seinen Gulags und vielen anderen Widerwärtigkeiten, die (wie man am langen Arm der Stasi sieht) bis in unsere heutige Zeit fortwirken. Auch ein Teil Deutschlands wurde Opfer dieser verbrecherischen Ideologie und nicht wenige Deutsche haben sich in der Zeit des DDR-Regimes zu Mittätern gemacht. Auch hier ist das gezielte Vergessen eine Katastrophe, die sich derzeit besonders fatal auswirkt.

Ich werde jetzt nicht die Zahl der Opfer des Nationalsozialismus neben jene der Opfer des Kommunismus stellen, wie das nicht nur durch jene geschieht, die damit die Schandtaten der Nationalsozialisten relativieren wollen. Denn ich weiß natürlich, dass so wie kein Mensch letztlich mit dem anderen vergleichbar ist, auch keine Schuld mit der anderen abwägbar ist.

Deshalb taugen auch die nervenden, in ihrer letzten Konsequenz perversen Diskussionen über die exakte Opferzahl der jeweiligen Unrechtsregime, zu nichts. Aber darum geht es auch nicht.

Es geht viel mehr darum, dass es zu unserem eigenen Schaden geschieht, wenn wir – zumal auf programmatische Ansage – vergessen.

Denn – und ich sage das auch im Blick auf den Umbruch, den wir derzeit in Deutschland erleben – es sind immer ähnliche Mechanismen, mit denen Menschen zum Bösen oder zumindest zum Schweigen angesichts des Bösen getrieben werden. Der Sozialismus in seinen roten und braunen Ausprägungen hat noch immer eine ungeheure Macht.

Die Weisheit der immerwährenden Philosophie

Der Mensch – so eine der tiefen Weisheiten der philosophia perennis – verändert sich in seiner Natur nicht. Die conditio humana bleibt immer dieselbe. In den Menschen, die im Dritten Reich lebten, quälten und mordeten, gequält und ermordet wurden, floss das gleiche Blut wie in jenen, die heute lebten oder vor Jahrhunderten. Wir sind nicht weniger anfällig als sie für das Böse.

Wer vor dem alltäglichen Terror in Europa und unserem Vaterland nicht krampfhaft die Augen verschließt, der kann gar nicht anders als hier eine geradezu dämonische Besessenheit am Werk zu sehen.

Und immer wieder ist es das mysterium iniquitatis, das undurchdringliche Geheimnis des Bösen, dem der Mensch sich zuneigt in einer fast nihilistischen Ponderation, die ihm neben dem Streben nach dem Glück und damit dem Guten und der Tugend innewohnt.

Der Psychologe Carl G. Jung hat dieses Zusammen von dunklen und hellen Archetypen gar als konstitutionell für den ganzen Menschen und daher auch seine psychische Gesundheit gedeutet.

In diesen Einsichten aus Philosophie und Psychologie finden wir die Basis, warum und unter welchem Vorbehalt wir von einer Wiederholung der Geschichte sprechen können, was nichts anderes heißt, als dass wir den Menschen in seiner Größe, aber auch seiner Niedertracht und Schuld wieder erkennen.

Mir geht es in diesem Sinne darum, dass ich ebenso selbstbewusst, wie ich mich als Abendländer fühle und die Deutschland- und Bayernhymne mitsinge, die Deutschlandfahne mit Freude sehe und sage, dass ich Deutscher bin, mich schäme für das, was da Menschen Menschen, Europäer Europäern, Deutsche Deutschen angetan haben.

Echter Nationalstolz ist nur möglich, wenn wir die Schuld nicht verdrängen

Nur beides, Größe und Niederung, Stolz und Scham zusammen ist für mich – als Menschen, der immer wieder zum Bösen neigt und doch von Verzeihung und Gnade lebt – glaubwürdig.

Nur ein Körper mit Narben ist wirklich echt und daher schön. Für mich ist diese Selbsterkenntnis des einzelnen, der nach Aristoteles zoon politicon (gesellschaftliches Lebewesen) ist, auch die Basis für ein umfassenderes Denken. Das einen falschen übertriebenen und andere ausschließenden Nationalismus, der eine Superiorität welcher Hautfarbe oder „Rasse“ (?) auch immer postuliert, von einer tiefen und wehrhaften Liebe zum eigenen Vaterland, der angestammten Heimat unterscheiden kann.

Wer echten Nationalstolz bei den Deutschen wiedergewinnen will, auch um der von Antifa & Co tatsächlich schamlos instrumentalisierten Nazikeule und dem krankhaften Hass linksgrüner Kreise auf Deutschland etwas entgegen zu setzen, aber gleichzeitig die dunklen Stellen unserer Geschichte ausblenden und verstecken möchte, wird erbärmlich scheitern.

Statt die Feinde unserer offenen Gesellschaft und Demokratie zu bekämpfen, füttert er sie wider willen. Und nimmt die Gefahr in Kauf, dass der neue Faschismus, getarnt als Antifaschismus – erneut mit ähnlichen Opfergruppen – wieder Oberwasser gewinnen könnte. Nie wieder!

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„Hass, wie bei den Linken üblich, ist mir immer etwas sehr Fremdes geblieben“

„Pass auf“, sagt David Berger: „Du betrittst jetzt eine Naziwohnung.“ Dass ein offen schwul lebender Mann und eine lesbische Politikerin von einer linken Politsekte zum Homophobia-Paar erklärt werden, erzählt viel über die deutsche Linke.

Und natürlich über Berger. Sein Name löst mittlerweile bei linken Aktivisten jedweder sexueller Präferenz regelrechte Wutattacken aus. Für den Berliner, der einmal als Professor an der päpstlichen Thomas-von-Aquin-Akademie in Rom forschte und dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger zuarbeitete, ist das immer noch ein Vorgang, auf den er eher verwundert blickt.

Jedenfalls nicht verbittert. „Ich bin eigentlich fast immer ein fröhlicher und ziemlich gelassener Mensch.“ Hass, sagt er, das sei für ihn immer etwas sehr Fremdes gewesen.“

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Das ist nur eine Passage eines sehr treffenden Portraits, das der bekannte Publizist und ehemalige  „Focus“-Redakteur Alexander Wendt in seinem Online-Magazin Publico veröffentlich hat:

Hier geht es zu dem gesamten Beitrag (mit Videobotschaft):

Der gefährliche Schwule
Linke attackieren ausgerechnet den homosexuellen Autor David Berger als „homophob“ – wegen seiner Kritik am Islam

Kardinal Woelki warnt vor Kirchenspaltung durch zu viele Neuerungen

(David Berger) In einem Interview mit der Kölner Kirchenzeitung hat der der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki vor dem Experiment des „Synodalen Wegs“ gewarnt. Es bestehe die Gefahr, dass die kirchliche Glaubenslehre verwässert wird und so eine Kirchenspaltung drohe.

Wer den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki nur von seinen politischen Statements und der umstrittenen Flüchtlingsboot-Aktion von vor einigen Jahren her beurteilt, der kommt zu einem einseitigen Bild des Kardinals. Gerade seine theologischen und kirchenpolitischen Äußerungen der jüngsten Zeit zeigen, dass er sich der Fußstapfen, die sein Vorgänger hinterlassen hat, bewusst ist.

Kardinal Woelki warnt davor, „eine neue Kirche zu erfinden“

Dies fiel aufmerksamen Beobachtern der katholischen Kirche bereits im vergangenen Februar auf, als die US-amerikanische Nachrichtenagentur CNA ein Interview mit dem Kölner Kardinal veröffentlichte, in dem man stellenweise glaubte, seinen Lehrer und Förderer Kardinal Meisner zu hören.

Woelki warnt davor, eine neue Kirche nach dem Geschmack des Zeitgeistes, aber fernab der Botschaft Jesu und der Tradition der Kirche zu erfinden. Die Abschaffung des Zölibats oder die Weihe von Frauen zu Priestern bringe nicht die Lösung der Kirchenkrise.

Es sei „der Glaube der Kirche, der weiterhin Maßstab bleibt, so wie er uns eben auch von Johannes Paul II. in seinem Katechismus vorgelegt worden ist“.

Das Christentum muss eine Art „alternative Kultur“ bilden

Den Christen müsse bewusst werden, dass sie „so etwas wie eine alternative Kultur zu bilden haben, die sich ausrichten muss alleine an den Maßstäben des Evangeliums und am Willen Jesu Christi“. Ein Anliegen, das Papst Benedikt – sehr zum Ärger der deutschen Mainstreampresse – nie müde wurde, vorzubringen.

Nun hat sich der Erzbischof, der einst an der römischen Elite-Universität des Opus Dei studierte, in der „Kölner Kirchenzeitung“ auch zu dem vor allem von seinem Münchner Mitbruder Kardinal Marx propagierten „Synodalen Weg“ in Deutschland geäußert.

Diese Kampagne zieht es in Betracht, immerwährende Glaubenswahrheiten (Sakramente) moralische Grundsätze (Unauflöslichkeit der Ehe, Homosexualität) und bewährte Regeln (Zölibat der Priester) notfalls im Alleingang in der Weltkirche umzustülpen. Was dem Kölner Kardinal offensichtlich starke Bauchschmerzen bereitet: „Ich glaube, dass der Weg, wie er gegenwärtig in Deutschland angestrebt wird, große Gefahren in sich birgt – vor allem mit Blick auf eine Spaltung innerhalb der deutschen Kirche.“

Nicht die Gemeinschaft der Kirche aufs Spiel setzen

Nicht umsonst hätte der Papst vor kurzem die deutschen Katholiken gemahnt, den Weg der Einheit mit Rom nicht zu verlassen.

Wie wichtig dieses Anliegen ist, hat Woelki während seiner USA-Reise und den in diesem Zusammenhang stattgefundenen Begegnungen und Gesprächen mit amerikanischen Katholiken ganz besonders gespürt:

Man habe dort die Sorge, „dass uns der ‚synodale Weg‘ auf einen deutschen Sonderweg führt, dass wir schlimmstenfalls sogar die Gemeinschaft mit der Universalkirche aufs Spiel setzen und zu einer deutschen Nationalkirche werden“. Die Katholiken der USA könnten nicht verstehen, „dass wir in Deutschland bereit scheinen, das uns anvertraute Glaubensgut mutwillig zu verändern, weil es lautstark von uns gefordert wird“.

Insider der Erzdiözese gehen davon aus, dass die zunehmenden glücklichen, gut katholischen und in die Zukunft weisenden Aussagen des Erzbischofs auch mit der Ernennung von Msgr. Dr. Markus Hofmann zu seinem engsten Mitarbeiter zusammenhängen; einem ebenso frommen wie klugen Priester.

Köln als treuster Tochter des Heiligen Stuhles

Auf der Seite des Erzbistums lesen wir: „Monsignore Dr. Markus Hofmann ist seit dem 1. Mai 2018 Generalvikar des Erzbischofs von Köln. In dieser Funktion ist er das „alter ego“ des Diözesanbischofs und dessen Stellvertreter für die Verwaltung des Bistums. Der Generalvikar handelt in diesem Bereich an Stelle des Bischofs und mit gleicher Vollmacht wie der Bischof selbst.“

Wer Woelki in letzter Zeit zuhört, der hat nicht nur den Verdacht, dass sein Vorgänger stolz auf ihn wäre, sondern dass Köln weiterhin mit der Tradition „semper sedis Apostolicae fidelis filia: des Apostolischen Stuhles treueste Tochter“ genannt werden kann.

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Foto: © Raimond Spekking CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

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Warum ich Papst Benedikt XVI „reuigen Herzens“ um Verzeihung gebeten habe

(David Berger) Mein neues Buch über Leben und Denken des hl. Thomas von Aquin ist „Papst Benedikt reuigen Herzens gewidmet“. Viele der Leser haben mir mit der Frage geschrieben, was es mit dieser sehr speziellen Widmung auf sich habe. Daher hier noch einmal ein Text, den ich im August 2016 verfasst habe.

widmung david berger papst

Anlässlich der Veröffentlichung eines Interviewbuches mit Papst Benedikt XVI. durch Peter Seewald hatte mich im August 2016 ein Journalist einer großen Zeitung vor einigen Tagen angefragt, ob ich „mein Outing von Papst Benedikt XVI“, das ich damals „im ZDF und Stern-TV im Sommer 2012 gewagt habe“, nicht in einem umfangreicheren Interview wiederholen möchte.

Ich habe ihm – ohne nur eine Sekunde zu überlegen – eine klare Absage erteilt. Warum?

Auf zweifelhafte Gerüchte und eine fatale Ideologie gestützt

Zum einen war das, was ich damals beim ZDF von mir gab, kein echtes „Outing“. Ich hatte immer wieder betont, dass ich nicht weiß, was in den Schlafzimmern von Ratzinger bzw. Papst Benedikt XVI vorgehe, sogar in einem Nebensatz angemerkt, dass ich davon ausgehe, dass der Papst gar keinen Sex hatte bzw. das Zölibat streng eingehalten hat.

Aber eben fatalerweise auch über Gerüchte gesprochen, die im Vatikan kursierten, in der Zeit als ich für den Vatikan tätig war. Und mich daneben auf zweifelhafte Theorien gestützt, nach denen Männer, die sich kritisch zur Gay-Szene äußern, angeblich häufig ungeoutet schwul sind und damit große psychische Probleme haben.

Italienische Zeitungen greifen die dummen Aussagen begierig auf

Die diesbezügliche Aussage ergab sich in den Vorgesprächen mit den jeweiligen Redakteuren der TV-Sendungen, die mich danach fragten. Und dann sehr schnell feststellten: „Das ist ja ein heißes Ding“.

In den weiteren Vorgesprächen fiel dann die Aussage: „In den Einspielerfilm können wir das nicht hineinnehmen, aber das Gespräch in der Sendung ist live – da passt das perfekt hin. Das kann dann keiner mehr verhindern.“

Die Zeitungen, vor allem in Italien, haben meine nur halb verstandenen Aussagen dennoch begierig aufgegriffen und daraus Schlagzeilen gemacht.

Inzwischen ist  mir bekannt, dass Benedikt diese Aussagen erreichten und ihm schweren Schmerz zugefügt haben. Zugleich weiß ich um seine hohe Sensibilität, auch dass er mir zuvor mehrmals über sein Umfeld schätzende Worte zu meinem theologischen Arbeiten hat ausrichten lassen.

Wie ein undankbarer, untreuer Sohn

Nach den Jahren, die inzwischen vergangen sind, komme ich mir immer mehr wie ein undankbarer, untreuer Sohn vor. Und es tut es mir leid, dass ich das Gesagte nicht mehr einfangen und zurückholen kann. Dass ich nur mit zerknirschtem Herzen und gesenktem Haupt sagen kann, dass mir meine Worte von damals aufrichtig leid tun.

Gerade vor dem Hintergrund der Tragödie des derzeitigen Pontifikates von Papst Franziskus, der das Papstamt schwer beschädigt, die Kirche unter seinen immer neuen dogmatischen Deviationen schwer leiden lässt, die Welt mit seinem zeitgeistigen Islam-Appeasement in einen gefährlichen Irrweg treibt, erscheint Papst Benedikt XVI als die große Lichtgestalt auf dem Petersthron. Als der Papst einer Catholica, die noch um ihre Tradition und Identität weiß.

Als der authentische Repräsentant einer Catholica, die jenes Herz Europas ist, das sie so dringend bräuchte, um über der derzeitigen Völkerwanderung und damit verbundenen Islamisierung nicht in ihrem Kulturrelativismus zusammenzubrechen.

Heiliger Vater, ich bitte Sie aufrecht und mit zerknirschtem Herzen um Entschuldigung!

Er ist der Papst, der durch seine Gelehrsamkeit, seine liturgischen Reformen im Sinne der traditionellen Liturgie und die Milde, die er ausstrahlte, zeigen konnte: Die katholische Kirche ist tatsächlich der die Zeiten und Moden überdauernde Hort des Wahren, Schönen und Guten.

Mich dagegen haben bei der „Outing“-Sache Zeitgeistigkeit, menschliche Schwäche und falscher Ehrgeiz verbunden mit Eitelkeit geleitet: In diesem Sinne, heiliger Vater, Papst Benedikt XVI, bitte ich Sie aufrecht und mit zerknirschtem Herzen um Entschuldigung!

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Postscriptum:

Die Kritik an Franziskus wird in dem Text nur am Rande erwähnt, da der Kontrast zwischen den beiden Pontifikaten mir erst die Größe Benedikts immer mehr bewusst gemacht hat.

Und  die kritisch angemerkten Punkte sind keine Fisimatenten von mir. Ein Journalist wie Alexander Kissler, der kaum im Ruf steht ein Kirchenkritiker zu sein, hat zu einer Kritik finden müssen, die noch tragischer vernichtend  ist als das von mir hier Gesagte: „Wie der Papst seiner Kirche schadet“

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(c) Foto: By Rvin88 (Own work) [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Warum der virtuelle Scheiterhaufen gefährlicher als die Inquisition ist

Der Vergleich der modernen Zensur v.a. im Internet mit der Inquisition ist noch viel zu schwach. Was diese implizite und daher umso gefährlichere Zensur anzielt, ist die totale „damnatio memoriae“ von Menschen und ihrem Denken, so fern es nicht ins Konzept der gerade noch mächtigen Angstbeißer passt. Text: David Berger

In einem Gastkommentar für den „Zürcher Tagesanzeiger“ hat der über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannte Publizist und Informationsbeauftragte des Bistums Chur, Giuseppe Gracia, die Zensurpolitik von Facebook genauer unter die Lupe genommen. Darin erwähnt er auch meine Sperrung:

„Oder das neueste Beispiel aus Deutschland: Der katholische Theologe und Islamkritiker David Berger äußerte sich nach dem Attentat von Orlando kritisch über den Islam, woraufhin seine Seite gesperrt wurde. Berger erklärte gegenüber einem christlichen Medienmagazin: ‚In Orlando richtet ein fanatischer Islamist ein Blutbad unter Schwulen an, und Facebook sperrt Nutzer, die Kritik am Islamismus üben.‘ Und weiter: ‚Die Inquisition war im Vergleich zu Facebook ein Hort der Fairness und Gerechtigkeit.‘“

Am Ende wie ein „Hund erstochen werden“ (Kafka)

Um dann zunächst völlig zurecht zu konstatieren:

„Bergers Reaktion ist verständlich, aber übertrieben. Bisher gibt es keine Scheiterhaufen für unbequeme User.“

Ja, die Reaktion war bewusst übertrieben und provokant – jeder, der mich als Autor etwas kennt, weiß, dass ich konstruktive Provokation liebe, um anzuregen. Besonders wenn es um ein Thema geht, das so fundamental ist: Wer jetzt hier nicht kämpft, riskiert – um mit Kafka und in einem Bild zu sprechen – am Ende wie ein „Hund erstochen zu werden“ – ohne dass das jemanden stört.

Aber dazu kommen wir noch. Zunächst: Was sollte der Vergleich mit der Inquisition? Also jener Behörde, die in ihrer spanischen und römischen Version, die Reinheit des katholischen Glaubens überwachen und dessen Kritiker in Zaum halten sollte. Der Vergleich der Inquisition mit der in Deutschland durch die Maas-Kahane-Kommission ganz speziellen Zensurpraxis von Facebook war nicht zufällig gewählt. Dabei steht die Zensurpraxis von Facebook allerdings nur als besonders eklatantes Beispiel dafür da – wie unter dem Vorwand, gegen rechte Hetze vorzugehen – von intoleranten Linkspopulisten eigentlich Parteipolitik gemacht wird.

Lieblingsargument: „Hetze“ und „Hassrede“

Ein gutes Beispiel dafür war die „Causa Pistorius“. Vor einiger Zeit hatte einer der Genossen von Justizminister Heiko Maas, Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius einen Werbeboykott von nicht mit dem politischen Mainstream übereinstimmenden Internetseiten gefordert. Besondere Erwähnung fand dabei die Internetpräsenz der Wochenzeitung „Junge Freiheit“. Sie gehöre zu den Seiten, „auf denen gehetzt wird, rassistische Parolen verbreitet werden, anonyme User sich ausbreiten mit ihren fremdenfeindlichen und rassistischen Theorien, ihrem Hass auf andere“. Dies werde „durch Werbung erst ermöglicht“  und solle nun durch den Werbeboykott verunmöglicht werden.

Ein Magazin des öffentlich-rechtlichen Fernsehens hatte den Innenminister richtig verstanden und bedrängte die Werbekunden der der politischen Ausrichtung des SPD-Ministers nicht genehmen Seiten vor laufender Kamera so lange, bis diese genervt die Werbung einstellten.

“ Das Perfide an solcher Art Zensur: es gibt keine reale Widerspruchsmöglichkeit, keinen Rechtsweg gegen die Entscheidungen der Facebook-Inquisition“

Klandestine Zensur

Die Vorgänge passen treffend ins Bild einer zunehmend um sich greifenden impliziten bis klandestinen Zensur. Diese bestimmt immer mehr über die sowohl in den sozialen Netzwerken wie auf klassischem Wege veröffentliche Meinung. Da eine direkte Zensur nicht mehr möglich ist, fordert man Werbekunden auf, in Medien, die die eigene Politik kritisieren, nicht mehr zu werben. Oder man drängt den Buchhandel dazu, Bücher, die einem nicht ins Konzept passen, nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Um dann mit schlaumeierischem Lächeln zu sagen: „Hier wird doch nichts zensiert, wie leben in einer freien Marktwirtschaft!“

Jan-Andres Schulze hat fest gestellt, dass wir einer ähnlich sinisteren Situation auch bezüglich Facebook-Zensur begegnen, wo Heiko Maas die Meinungskontrolle nun privatisiert hat. Gepostet darf dort nur noch werden, was der von Facebook in Abstimmung mit Maas bei Bertelsmann errichteten Zensurbehörde gefällt. Das Perfide an solcher Art Zensur: es gibt keine reale Widerspruchsmöglichkeit, keinen Rechtsweg gegen die Entscheidungen der Facebook-Inquisition. Die mit Advokaten wie Steinhöfel durchgeführten Prozesse, die regelmäßig zu Jubelhymnen führen, sind entweder nur extrem gut betuchten Facebookern zugänglich – oder jenen, die (nach welchen Kriterien auch immer) auserwählt sind, sich den Prozess und die Anwaltskosten aus einem Spendentopf finanzieren zu lassen.

Bei ihrer Einführung war die Inquisition ein enormer Fortschritt in der Praxis der Rechtssprechung: zum ersten mal wurde dem Angeklagten klar gesagt, was man ihm zum Vorwurf macht, er konnte sich einen Anwalt nehmen und öffentlich verteidigen.

Die Inquisition war ein enormer Fortschritt in der Justizgeschichte

Und eben darin zeigt sie sich als Rückfall hinter die Fortschritte der Römischen Inquisition: Bei ihrer Einführung war die Inquisition nämlich ein enormer Fortschritt in der Praxis der Rechtssprechung, die ideologische „Vergehen“ verfolgte: zum ersten mal wurde dem Angeklagten klar gesagt, was man ihm zum Vorwurf macht, er konnte sich einen Anwalt nehmen und öffentlich verteidigen (lassen), hatte das Recht auf ein genau fest gelegtes „ordentliches“ Gerichtsverfahren.

Man lese dazu die aktuellen Forschungsergebnisse in dem von dem bekannten Historiker Hubert Wolf edierten Band „Inquisition, Index, Zensur: Wissenskulturen der Neuzeit im Widerstreit“ (Paderborn 2001).

„Selbst die katholische Inquisition hat es sich immer zur Devise gemacht, klar zwischen einem konkreten Werk auf der einen und der Person sowie den anderen Äußerungen des Autors auf der anderen Seite zu unterscheiden.“

Ähnlich krasse Aussagen ließen sich zum bereits angedeuteten Fall Pirinçci machen. Kurz nach dem de facto getroffenen Boykottbeschluss des deutschen Buchhandels gegen Pirinçci, der zudem auf einer durch die Medien falsch und sinnentstellend  wiedergegebenen Redepassage des bekannten Autors fußte, schrieb ich in einem viel beachteten Artikel für das linksliberale Magazin „telepolis“:

„Damit erleben wir derzeit einen in Deutschland nach 1945 nie gekannten Vorfall. So schnell kann man gar nicht schauen, wie Deutschlands wichtigste Buchhändler in voraufklärerische, ja vor-inquisitorische Verdammungspraktiken zurückfallen. Selbst die katholische Inquisition hat es sich immer zur Devise gemacht, klar zwischen einem konkreten Werk und der Person sowie den anderen Äußerungen des Autors zu unterscheiden.

Ob ein Werk auf den „Index der Verbotenen Bücher“ kam, durfte nur von dem abhängig gemacht werden, was in diesem konkreten Buch stand. Bis der Index der Verbotenen Bücher in den 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als letztes Relikt frühneuzeitlicher Aufsicht über das Denken der Menschen selbst von der katholischen Kirche abgeschafft wurde …

Rückfall in die voraufklärerische Barbarei

Es ist ein Abschied von jenem Denken, für das Voltaire und die anderen großen Philosophen Europas stehen. Es ist schlicht ein Rückfall in die voraufklärerische Barbarei – im Namen der Verteidigung der politischen Korrektheit, stößt man, überheblich lächelnd und sich dabei auch noch lobwürdig glaubend, der Freiheit ein Messer in den Rücken.

„Je ausgefeilter die Methoden einer solch indirekten Zensur durch den technischen Fortschritt werden, umso mehr drängt man Freigeister in Resignation, Sarkasmus und „Innere Emigration“

Um noch einmal zu Gracia zurückzukommen: All diese Möglichkeiten, die die Inquisition bot, gibt es für die heutzutage von Toleranzpredigern Zensierten nicht. Er fühlt sich vielmehr allzu oft wie der Angeklagte in Franz Kafkas berühmten Werk „Der Prozess“: Verhaftet, ohne sich irgend einer Schuld bewusst zu sein, wird er von einem ihm nicht bekannten Gericht angeklagt, weiß aber nicht weshalb und wie er sich rechtfertigen könnte. Nach einem Jahr gibt er frustriert auf, wird von zwei ihm unbekannten Herren abgeholt, um „wie ein Hund“ erstochen zu werden.

Was bleibt, ist nur noch die „Innere Migration“

„Wie ein Hund erstochen“: wenn wir schon bei historischen Vorbildern bleiben wollen, müssen wir ganz klar sagen: Im zentralen Kampf der Gegenwart um Aufmerksamkeit, ist das. was diese Feinde der Freiheit anstreben die totale „damnatio memoriae“ , die Verfluchung und demonstrative Tilgung des Andenkens an eine Person bzw. ihr Werk und Denken durch die Um- und Nachwelt.

Je ausgefeilter die Methoden einer solch indirekten Zensur durch den technischen Fortschritt werden, umso mehr drängt man Freigeister in Sarkasmus und „Innere Emigration“. Kein gutes Zeichen für den Zustand einer Gesellschaft, die sich einst bemühte, eine offene zu sein.

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Journalistische Offenlegung: Der Autor dieses Textes war selbst einige Zeit für die Glaubenskongregation (früher Inquisition) als Lektor tätig; und auch danach ein Verfechter der (damals in Planung befindlichen) Maßnahmen gegen „Hetze“ und „Hassrede“ in den Medien – bis er hinter die Kulissen blicken konnte und die perfiden Mechanismen des angeblichen Kampfes gegen rechte Hetze selbst zu spüren bekam.

Thomas von Aquin in Köln

(David Berger) Thomas von Aquin (1224-1274) gilt als der bedeutendste Denker des Mittelalters. Seine Philosophie und Theologie prägt die Kultur des jüdisch-christlichen Abendlandes bis heute. Während die meisten seine Person mit seiner italienischen Heimat und seinen universitären Triumphen in Paris verbinden, wissen viele – selbst Kölner – nicht, dass er auch Köln ein wenig seine Heimat nennen kann.

Thomas_von_Aquin_im_Glasfenster_des_Kölner_DomesWährend man mit Paris den Eifelturm verbindet, wird man im Hinblick auf Köln sofort an den Kölner Dom denken.

Und Thomas kommt just zu jenem Zeitpunkt in die Stadt am Rhein, als am 15. August, dem Fest Mariä Himmelfahrt des Jahres 1248, der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden den Grundstein zu dieser Kathedrale legt. Man kann fest davon ausgehen, dass Thomas vom Aquino mit seinem Lehrer Albertus Magnus, der in einer seiner Schriften die Bauarbeiten ausdrücklich erwähnt, bei diesem Ereignis zugegen war.

Dies ist deshalb von besonderem Interesse, da die großen Summen der mittelalterlichen Theologen häufig mit der Idee der Kathedrale verglichen wurden. Obwohl dieser Vergleich spätestens seit den schweren Einwänden, die Heidegger gegen ihn erhob, nicht unumstritten ist, findet er dennoch bis zur Stunde immer wieder Freunde. [1]

Im Kölner Dom erinnert eine große Darstellung des hl. Thomas in einem der Domfenster an die Beziehung zwischen dem bedeutendsten Lehrer der Catholica und dem Hohen Dom zu Köln.

(Foto l. (c) Westerdam [CC BY-SA 4.0] Wikimedia)

Priesterweihe des Thomas von Aquin in Köln

Zwei Ereignisse stehen im Mittelpunkt des Kölnaufenthaltes des jungen Thomas:

Zum einen seine Priesterweihe, die sicher in jenem Zeitraum stattgefunden haben muss, über deren genauere Umstände wir jedoch keine Angaben besitzen. Seit dieser Zeit hat, wie die Biographen und auch die Zeitgenossen des Thomas berichten, die Zelebration der heiligen Messe und die Verehrung des Altarsakramentes eine zentrale Rolle im Leben des hl. Thomas gespielt.

Sein wichtigster Biograph Wilhelm von Tocco berichtet über den Aquinaten:

„Hauptsächlich aber verehrte er das allerheiligste Sakrament des Altars. Weil ihm vergönnt war, tiefsinniger darüber zu schreiben, so wurde ihm gewährt, es frommer zu feiern. Täglich las er eine Messe, wenn ihn nicht Krankheit hinderte, und als zweite hörte er die seines Gefährten …“ (Tocco 29).

Der stumme Ochse beginnt zu brüllen

Thomas von Aquin Holzschnitt ööln 1510Zum anderen sein „Beförderung“ vom Studenten zum Lehrer. Zunächst studiert Thomas, wie bereits in Paris, weiter bei Albert. (siehe Bild r. Holzschnitt Köln 1510)

Deutlich geprägt haben ihn dabei bezeichnenderweise die Vorlesungen seines Lehrers über das neuplatonische Werk De divinis nominibus des Dionysius Areopagita [2] und jene über die Nikomachische Ethik des Aristoteles. In Thomas’ eigenen Ethikkommentar hat der französische Thomasforscher Gauthier dann auch mehr als 350 Stellen ausfindig gemacht, die offensichtlich auf Alberts Vorlesungen zurückgehen. Bekannt ist, daß Thomas sich den Ethikkommentar Alberts in einer Art Zettelkasten angelegt hatte und die Karteikarten bei der Arbeit an eigenen Werken benützte.

In die Kölner Zeit gehört auch ein Ereignis, von dem Tocco berichtet und das sehr bezeichnend ist: Diejenigen, die Thomas persönlich kannten, berichten alle von seinem stattlichen Körperbau, zudem muß Thomas im alltäglichen Umgang auch sehr schweigsam gewesen sein. Beides führte dazu, daß die Kölner Kommilitonen ihn als „stummen sizilianischen Ochsen“ bezeichneten.

Als es Thomas dann gelang, innerhalb einer universitären Diskussion eine vorzügliche Antwort auf eine Frage Alberts zu geben, rief dieser aus:

„Wir heißen ihn einen stummen Ochsen, aber er wird mit seiner Lehre noch ein solches Brüllen von sich geben, daß es in der ganzen Welt ertönt.“ (Tocco 12).

Wie man die historische Qualität dieser Anekdote auch einschätzen mag, Albert war offensichtlich von den intellektuellen Qualitäten seines Schülers überzeugt: Noch während dieser seinen Studiengang absolvierte, machte er ihn zu seinem Assistenten (Bakkalaureus) am Kölner Generalstudium der Dominikaner, das die Anfänge der Universität zu Köln bildete, die noch heute den Namen Alberts trägt.

Thomasinstitut an der Universität zu Köln

Auch ein nach dem hl. Thomas benanntes Institut hält sich die Universität bis heute. In der Selbstvorstellung des Thomasinstituts heißt es:

„Die Schaffung eines Instituts für mittelalterliche Philosophie an der Universität zu Köln hängt eng mit der Einrichtung eines Lehrstuhls zusammen, der – mit Rücksicht auf die prominente scholastische Tradition dieser Stadt (Albertus Magnus wirkte hier als Lehrer an der dominikanischen Klosterschule, sein berühmtester Schüler und Namengeber des Instituts, Thomas von Aquin, hielt sich für mehrere Jahre zu Studienzwecken in Köln auf; Duns Scotus hat hier seine letzte Ruhestätte gefunden, und nicht zuletzt wurde die Stadt für mehrere Jahre Zeuge des gegen Meister Eckhart geführten Inquisitionsprozesses) – dem Studium der Philosophie des Mittelalters im Philosophischen Seminar eine institutionelle Heimat geben sollte.“

Thomas wird Dozent an der Kölner Universität

thomas von aquin Köln Holzschnitt 1510Ganz den damaligen Gepflogenheiten entsprechend wurde Thomas zunächst biblischer Bakkalaureus. In dieser Eigenschaft hatte er den Studenten den wörtlichen Sinn eines biblischen Textes cursorie, d.h. fortlaufend und überblickshaft, verständlich zu machen. In diesem Fall las Thomas über die Bücher Isaias und Jeremias sowie die Klagelieder.

(Bild: Thomas auf der Lehrkanzel, Holzschnitt Köln 1510)

Die Frucht dieser Vorlesungen bilden die zwei ersten theologischen Werke des Aquinaten (Expositio super Isaiam ad litteram  und Super Ieremiam et Threnos). Neben der schon beschriebenen knappen wörtlichen Auslegung enthalten die beiden Schriftkommentare auch sogenannte collationes, Randnotizen, die spirituelle und pastorale Folgerungen aus den Texten ziehen.

Zwei Charakteristika der intellektuellen Persönlichkeit des Aquinaten werden bereits an diesen Randnotizen in den Erstlinkswerken deutlich: Zunächst die häufig übersehene, zentrale Rolle, die die Heilige Schrift für Thomas spielt. Bereits im erstgenannten Schriftkommentar findet sich eine schöne collatio zu Jesajas 48,17, die eine kleine Lobrede auf die Heilige Schrift darstellt: Diese erleuchtet – so Thomas – wunderbar den Geist, erfreut die Seele, entflammt das Herz und ist so die Grundlage für die Belehrung der anderen, damit sie, wie auch wir, durch die hl. Schrift die ewige Seligkeit erlangen.

In dieser Lobrede ist auch schon der zweite Aspekt enthalten: Die Erleuchtung des Theologen durch die Heilige Schrift will weitergegeben werden. Die in Theologie und Spiritualität gewonnene Einsicht verlangt nach ihrer pastoralen Umsetzung, besonders in der Predigt. Unübersehbar ist hier die dominikanische Losung des Contemplata aliis tradere (Das in der Kontemplation Erfahrene soll weitergeben werden!) zu erkennen, die zu aller erst in der Predigt der christlichen Wahrheit verwirklicht werden soll.

Abschied von Köln

1251 fragt Johannes von Wildeshausen bei Albert an, ob er einen jungen Theologen kennt, der geeignet ist, eine Bakkalaureusstelle in Paris zu übernehmen. Albert schlägt Thomas vor und trotz der Bedenken, die der Ordensgeneral wegen des jugendlichen Alters des Thomas hat, willigt er, gedrängt von Hugo von Saint-Cher [3], schließlich ein.

Zum Ende des Studienjahres 1251/52 verlässt Thomas Köln und seinen Lehrer Albert.

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[1] MARTIN HEIDEGGER, Gesamtausgabe, Bd. 42, 1987, S.48-54.
[2] (Pseudo-) Dionysius Areopagita, der sich im Anschluß an Apg 17,34 selbst als Paulusschüler ausgab, gehört bis zur Stunde zu den rätselhaftesten Gestalten der Geistesgeschichte. Er versuchte die neuplatonische Gottes- und Emanationslehre mit dem Christentum zu vereinigen. Thomas las den Areopagiten in der Übersetzung des Johannes Sarrazin.
[3] Kardinal Hugo von Saint Cher, O.P. , (+ 1263) war selbst von 1230 bis 1235 Professor in Paris gewesen. In die Theologiegeschichte ging er durch seine bibelexegetischen Kommentare und eine oft gedruckte aszetische Erklärung der Heiligen Messe ein.

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leuchtturm-2Der Text ist ein stark ergänztes Kapitel aus dem Buch des Verfassers: Thomas von Aquin – Leuchtturm des Abendlandes.

Journalist: „Liebe Kollegen, auch an Euren Händen klebt Blut!“

(Nobel & Frei) Der Blogger und Aktivist David Berger (Blog: Philosophia Perennis) sprach zu Beginn des ersten Berliner Frauenmarsches:

„Ich möchte nicht in einem Land leben wo Frauen zuerst aus Angst auf ihre kurzen Röcke verzichten, dann ein Kopftuch aufsetzen und irgendwann neben ihrem Mann herlaufen müssen, in einer toten schwarzen Burka verhüllt, weil sie sonst Opfer für diese Übergriffe sind und als Schlampen für bestimmte Bevölkerungsteile gelten.“

Für das Teilen dieses Videos aus Facebook wurde Berger 4 Wochen gesperrt, das Video auf Facebook gelöscht.

Sachsen und Brandenburg: Wird die AfD zur neuen Volkspartei?

Dass die AfD gestern bei den Landtagswahlen die größten Gewinne einfahren konnte, ist unbestritten, der Jubel dort erst einmal sehr verständlich. Dennoch könnten die nun anstehenden Regierungsbildungen in Brandenburg, besonders aber in Sachsen den gesellschaftlichen Frieden weiter zerstören und der Entwicklung der AfD enorm schaden. Ein Kommentar von David Berger

Auch wenn sie in keinem der beiden Bundesländer stärkste Kraft wurde, konnten die Wahlergebnisse Alice Weidel gestern Abend zu dem Ausruf motivieren: „Wir sind Volkspartei!. Zudem kann man feststellen: Die Sachsen haben Schwarz-Blau und damit die konservativ-bürgerliche Wende für ihr Land gewählt.

Das klingt natürlich erst mal gut. Dennoch werden diese Wahlergebnisse – nach derzeitigem Stand – weder in Brandenburg noch in Sachsen zu einer Regierungsbeteiligung der AfD führen. Selbst in Sachsen, wo die Regierungsbildung schwerer als in Brandenburg wird und wo man mit einer „bürgerlichen Koalition“ aus CDU und AfD eine Regierung der CDU zusammen mit SPD und den Grünen verhindern könnte, herrscht eine enorme Angst vor einer Koalition mit der AfD. Oder besser gesagt, vor den Reaktionen aus ganz Deutschland auf dieses Experiment.

Mit x-beliebigen Koalitionen eine Regierungsbeteiligung der AfD verhindern

Auch hier gilt die Devise: Was unsere Wähler wollen und was für unser Land am besten wäre, ist erst einmal zweitrangig, wichtigstes Ziel ist es mit x-beliebigen Koalitionen eine Regierungsbeteiligung der AfD zu verhindern. Dass die Sachsen eine schwarz-blaue Wende wollen, interessiert nicht. Stattdessen wird man ihnen wohl eine stark linksgrün beeinflusste Regierung vorsetzen.

Dass diese Koalitionen zu einer Art „Einheitspartei Deutschlands“ führen werden und gleichzeitig den Wählern, die immer öfter eine grundlegende Politikwende in Deutschland fordern, klar macht, dass diese nur mit einer extrem starken AfD gelingen wird, nimmt man in Kauf für das augenblickliche Gefühl zu den Guten in Deutschland zu gehören.

Kurzum: Dass man eine Regierungsbeteiligung der AfD mit allen legalen und teilweise justiziablen Mitteln (Sachsen: begrenzte Zahl der Listenkandidaten!) verhindern will, wird sie zahlenmäßig umso stärker machen.

Das Bild der „Schmuddelkinder“, mit denen keiner spielen will, erhalten

Zugleich könnte die Verweigerungshaltung von Kretschmer & Co, die die AfD nicht in die Regierungsverantwortung nehmen will, zu einer weiteren Stärkung der „Fundis“ innerhalb der Partei führen. Und damit die in den letzten Monaten auch von wichtigen AfD-Politikern immer wieder angesprochenen Gefahr eines Abrutschens der Partei in die sektenhafte, neurechte Sezession im Stile einer Sayn-Wittgenstein, eines Compact-Magazins oder von Schnellroda weiter vorantreiben.

Erneut drängt sich hier also der Eindruck auf, dass nicht nur neurechten Kreisen, den Mainstreammedien und Kahane & Co, sondern auch den Altparteien ein starker „Flügel“ Höckescher Prägung wie gerufen kommt, da er den bürgerlichen Wählern die Hoffnung auf eine konservative Wende mithilfe der Werte-Union und der AfD gründlich vermiest, weitere Gelder für den „Kampf gegen Rechts“ fließen lässt. Und das eigene „Nazi“-Geschrei dem durchschnittlichen, von den öffentlich-rechtlichen Medien erzogenen Wähler ansatzweise verständlich macht. Wie diese Propaganda funktioniert, hat Alice Weidel gestern gut im Gespräch mit einem ntv-Journalisten aufgezeigt (hier).

So kann man das Bild von den „Schmuddelkindern“ im politischen Sandkasten der Bundesrepublik fleißig weiter kultivieren.

Alice Weidel mit David BergerKurzum: So schön die Vorstellung von der AfD als einer neuen Volkspartei ist, so unwahrscheinlich ist es, dass sie sich verfestigt. Auch Politikerinnen wie Weidel fehlt es nicht selten an Klugheit und Sensibilität, die notwendig wären, damit die AfD zu eben jener Volkspartei wird.

Machen wir uns nichts vor: Der Leidensdruck derer, die „schon länger hier sind“, wird erst einmal weiter steigen, die AfD sich stärker an den „Fundis“ orientieren, so dass die Rede der sich immer mehr in linksgrünen Ideologien verstrickenden Altparteien von der AfD als „Nazi“-Partei zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden könnte.

Das böse Spiel wird weitergehen

Das alles mit der Folge, dass die Verwerfungen innerhalb der ohnehin politisch extrem aufgeheizten deutschen Gesellschaft schlimmer werden, die Kluft zwischen den „Guten“ und „Bösen“ immer größer, der gesellschaftliche Friede immer brüchiger. In Sachsen könnte man zeigen, dass einem dieses Land und seine Menschen, dieser gesellschaftliche Friede wichtiger ist, als die eigene, vom spalterischen System Merkel vorgegebene Parteidoktrin.

Mit einer solch schwachen und stets verunsichert wirkenden Figur wie Michael Kretschmer an der Spitze scheint dies aber kaum möglich. Das böse Spiel in Deutschland wird also weitergehen.

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Dr. David Berger im Interview – Droht jetzt der Bürgerkrieg?

(Schrang-TV) Heiko Schrang im Gespräch mit David Berger. Unter anderem sprechen die beiden bekannten Publizisten in dem bis zur Stunde fast 100.000 mal augerufenen Video darüber, dass mittlerweile die Systemmedien mit den Einheitsmedien der ehemaligen DDR vergleichbar sind. Weitere Themen der aktuellen Schrang TV Sendung sind:

• Sind die Begriffe Nazi und Rechtspopulist zu Worthülsen verkommen?

• Warum das Vertrauen in die Mainstreammedien immer mehr schwindet?

• 6 Wochen vor der Annahme des Migration Paktes durch Merkel hatte ein Großteil der Politiker keinerlei Kenntnis davon

• Warum die Politiker die Menschen für dumm halten?

• Woran liegt es, dass immer mehr Menschen merken, dass Sie belogen werden?

• Warum die Zeit überreif für die Wende ist

• Erlebt Deutschland einen Bürgerkrieg oder einen gesellschaftlichen Wandel?

 

Erika Steinbach und David Berger: Das sind die Fakten

(David Berger) Im Zusammenhang mit meinem Austritt aus dem Kuratorium der AfD-nahen Desiderius Erasmus-Stiftung sind zahlreiche, zum Teil ganz bewusst von interessierter Seite provozierte Fehlinformationen in Umlauf. Daher soll im folgenden noch einmal dokumentiert werden, was genau geschah.

Für alle, die nicht die gesamte Dokumentation lesen wollen, eine kurze Zusammenfassung:

Es gab keinerlei persönliche Differenzen zwischen Frau Steinbach und mir. Die mit einem früheren Zusammentreffen bei Anne Will deutlich gewordenen damaligen inhaltlichen Differenzen zwischen der ehemaligen Unions-Politikerin und mir haben nie dazu geführt, dass wir auf der menschlichen Ebene Probleme miteinander gehabt hätten.

Der Konflikt verlief auf rein sachlicher Ebene: Frau Steinbach hat mich als Journalisten der freien Medien ins Kuratorium der Stiftung berufen. Im Frühjahr 2019 begann sie, wohl unter dem Druck einflussreicher Kräfte innerhalb der AfD, mir mit Ausschluss aus dem Kuratorium zu drohen, sollte ich meine kritische Berichterstattung zu dem rechten Narrensaum der Partei nicht einstellen. Ab diesem Zeitpunkt gebot es mein Verständnis von journalistischem Ethos, die Stiftung sofort zu verlassen.

Meine journalistische Freiheit habe ich mir erkämpft, indem ich sogar schwere finanzielle Verluste hinnahm und meine persönliche Sicherheit empfindlich gefährdete – da lag es doch nahe, dass ich sie nicht für ein „Linsengericht“ der Kuratoriumsmitgliedschaft verschachere.

Erstes Zusammentreffen bei Anne Will

Zum ersten mal traf ich mit Erika Steinbach hier zusammen:

Das persönliche Gespräch mit Erika Steinbach im Anschluss an die TV-Sendung verlief schon damals taktvoll und freundlich. Die Vorwürfe, Frau Steinbach sei homophob fand ich ab diesem Zeitpunkt bereits nicht zutreffend.

Erstes PP-Interview mit Erika Steinbach

Am 15. Januar 2017 erklärte Erika Steinbach unter heftigem Protest ihren Austritt aus der CDU. Das wirkte wie ein Aufschrei in der deutschen Politik: Gilt die Bundestagsabgeordnete aus Hessen doch spätestens seitdem Angela Merkel angefangen hat, die CDU umzubauen, als eine der profiliertesten Christdemokratinnen und medienstarke, themensetzende Politikerin der Union. Ihr Austritt hat natürlich eine vielfältige und längere Geschichte.

Ein Teil dieser Geschichte ist ein Interviewtermin, den ich bei Steinbach am 24. November 2016 noch in ihrem Bundestagsbüro hatte.  Bereits damals kündigte Steinbach indirekt ihren Austritt aus der Union an. Wir hielten aber das Interview so lange zurück, dass sie dies zunächst in den großen Medien machen konnte. Kurz danach erschien dann das Interview mit Steinbach auf meinem Blog.

Berufung ins Kuratorium der AfD-Stiftung

Am 20. März 2018 schrieb meine ehemalige Mitarbeiterin bei Philosophia Perennis:

Die AfD-nahe Stiftung, gegründet im März 2015, wird seit  Anfang des Monats von der langjährigen, ehemaligen CDU Politikerin Erika Steinbach geleitet. Namenspatron der Stiftung ist Erasmus von Rotterdam, der -so die Stiftung- „Vordenker des europäischen Humanismus, Anwalt des freien Wortes, Vorkämpfer der Toleranz, und ein Gegner der Dogmatik“ gewesen sei und dessen „Andenken und Erbe“ man sich verpflichtet fühle.

Das Kuratorium, eine beratende Instanz der Stiftung, hat nunmehr eine Reihe von Persönlichkeiten berufen. Wir freuen uns besonders über die einstimmig erfolgte Berufung von Dr. David Berger zum Kurator.

*

Danach verlief die Zusammenarbeit sowohl mit Frau Steinbach und Prof. Max Otte völlig reibungsfrei. Bis mich dann im Frühjahr 2019 gleich zweimal Mails von Frau Steinbach erreichten, in denen sie mich zunächst entscheiden freundlich, dann drohend unfreundlich aufforderte, meine kritische Berichterstattung zur AfD einzustellen.

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Sofortiger Austritt aus dem Kuratorium der Stiftung

Am 29. Juni 2019 ging folgende Mitteilung an Erika Steinbach und Max Otte: Hiermit trete ich mit sofortiger Wirkung von meinem Amt als Kurator der Desiderius-Erasmus-Stiftung zurück. Seit etwa 14 Tagen versucht die Präsidentin der Stiftung, Dr. Erika Steinbach, in ungebührlicher Weise Druck auf meine journalistische Tätigkeit auszuüben.

Und zwar erstaunlicherweise sobald ich problematische Tendenzen am extrem rechten Rande der AfD (Björn Höcke, Wolfgang Gedeon, Doris von Sayn-Wittgenstein usw.) und bei der vom Verfassungsschutz überwachten „Identitären Bewegung“ und den „Neurechten“ von „Schnellroda“ sowie die gefährliche Hetze und Hassreden im Zusammenhang mit dem Mord an Regierungspräsident Lübcke auf meinem Blog kritisiere.

Sollte Frau Steinbach hier die Gesamtstimmung in der AfD wiedergeben, wäre das eine große Enttäuschung für mich, da ich bislang immer angenommen hatte, dass die AfD in ihrer großen Mehrheit vielmehr eine liberal-konservative als eine neurechte Partei ist. Eine Partei, die immer wieder mehr Unabhängigkeit und Freiheit für die Presse fordert.

Unter diesen Umständen kann ich die Mitgliedschaft im Kuratorium der Stiftung nicht länger weder mit meinem Gewissen als liberal-konservativer Demokrat, noch mit meiner Tätigkeit als Journalist und Publizist, der für Presse- und Meinungsfreiheit kämpft, vereinbaren.

Die Mitarbeit im Kuratorium der Stiftung war, insbesondere aufgrund der Zusammenarbeit mit den dort engagierten Persönlichkeiten, eine Zeit an die ich gerne zurück denken werde. Ich wünsche der Desiderius-Erasmus-Stiftung alles erdenklich Gute auf dem Weg in die Zukunft.

Berlin, am 29. Juni 2019, Dr. David Berger

**

„Intellektuell parfümierte Nazis“ und die AfD

Daraufhin antwortete Erika Steinbach in einer kurzen Mail, sie sei „maßlos erstaunt“, dass ich diesen Weg gegangen sei. Nicht nur sie habe den Eindruck gewonnen, dass ich „in jüngster Zeit in nicht nachvollziehbarer Art pauschale Rundumschläge mit in weiten Teilen nicht zutreffenden Behauptungen nicht nur einmal, sondern vielfach vom Stapel gelassen“ habe.

Überdies beschuldigte sie mich tatsächlich, ich hätte die AfD „als Nazis“ bezeichnet. Vermutlich hatte sie von dem Ausdruck „intellektuell parfümierte Nazis“ gehört, den ich sehr treffenderweise für die Kreise von Schnellroda (Kubitschek, Lichtmeß und Co) geprägt habe und dann in Freudscher Fehlleistung den Höcke-Vordenker Kubitschek mit der ganzen AfD gleichgesetzt.

***

Darauf folgte dann dieser Replik:

Journalistische Unabhängigkeit, so viel vorweg, ist das Wichtigste für Philosophia Perennis. Wir haben in der Vergangenheit uns nur an unseren offen gelegten Werten orientiert und keinen Gefälligkeitsjournalismus betrieben. In der Position sind wir mit unserer aktuellen Kritik exakt da, wo wir vorher waren. Dass versucht wird, uns in kampagnenartiger Form eine „Wende“ zu unterstellen, ist sachlich falsch und wird nicht erfolgreich sein.
Wer an unserer Position zum rechten Rand Neues zu entdecken glaubt, sollte bitte einen der folgenden Artikel lesen:
Reichsbürger
Poggenburg
JF vs. Hoecke
Die Position von Philosophia Perennis ist um keinen Millimeter verändert worden. Es kamen allerdings neue Erkenntnisse hinzu, die –nicht nur bei uns- neue Bewertungen erzwingen.
Dass wir, ebenso wie unsere Kollegen, das erst bewerten wollen und zwar in Ruhe, sollte man David Berger zugestehen.
Nachdem mehrere Mails den Rückzug von David Berger aus dem Kuratorium der Desiderius Erasmus Stiftung unausweichlich machten, wenn nicht der Anschein einer Kompromittierung der journalistischen Unabhängigkeit Raum gegeben werden sollte, gab es eine Antwort von Erika Steinbach, zu der Dr. David Berger wie folgt Stellung nimmt:

*****

Wie nahe steht Frau Steinbach den AfD-Spaltern Sayn-Wittgenstein und Höcke?

Sehr geehrte Frau Steinbach,

ich muss gestehen, dass ich über Ihre beiden Mails auch sehr erstaunt war. Beide Male haben Sie mich aufgefordert, Kritik an der AfD zu unterlassen. In beiden Fällen hatte ich jedoch zuvor keine pauschale Kritik an der Partei geübt. Ich bin bei den Presseleuten der AfD als einer der wenigen Publizisten dafür bekannt, dass ich mit der AfD fair umgehe und sich mein Blog aufgrund dessen den Ruf eingehandelt hat, von der AfD finanziert zu sein.

Ich weiß nicht, wie das bei den anderen Blogs ist, aber wir haben nie irgendwelche Gelder der AfD angenommen. Im Gegenteil, es sogar immer abgelehnt, bezahlte Werbung der AfD bei uns zu platzieren. Was wir allerdings immer gemacht haben: Wir haben problematische Tendenzen, wie bei allen anderen Parteien, so auch bei der AfD aufgezeigt. Etwa als deren härteste Anhänger eine Satire zur Bundestagswahl („Kartoffelsuppe“) nicht verstanden, als André Poggenburg eine unsägliche Rede vor Pegida-Anhängern gehalten hatte, zum Buch von Björn Höcke, wo wir uns der „Jungen Freiheit“ angeschlossen haben oder eben zu den Aktionen von Frau von Sayn-Wittgenstein. Sie schreiben mir zu, ich würde:

„Einen erheblichen Teil der AfD rundweg als Antisemiten und Homophobe zu bezeichnen, widerspricht ganz einfach der Realität. So wie es der Realität widerspricht, die AfD als Nazis zu bezeichnen, wie es die gängigen Medien beständig tun, von denen Sie sich ja unterscheiden wollen.“

Dies ist schlicht eine lügenhafte Unterstellung, zu der sie keine Belege finden werden.
Die einzige Erklärung für diese Behauptung scheint mir, dass Ihnen dies wohl von bestimmten Kreisen mit bestimmten Absichten zugetragen wurde und Sie das übernommen haben, ohne selbst zu prüfen. So wie mit Ihnen oft umgegangen wurde, gehen Sie nun mit anderen um.

Kurzum: diese Kritik an problematischen Tendenzen in der AfD, bei der mir wohl auch Frau von Storch, Jörg Meuthen oder Alice Weidel unter drei zustimmen würden, spielte in meiner ganzen Arbeit nur eine kleine Nebenrolle. Was sich aufgrund einer Hetzkampagne gegen meine Person und mein Privatleben allerdings kurzzeitig ausgeweitet hatte, war die Kontroverse mit den sektenhaften Kreisen rund um „Schnellroda“ und die Identitäre Bewegung. Diese haben dabei die Masken fallen lassen.

Und damit meine ich gar nicht die persönlichen Angriffe unter der Gürtellinie. Wie etwa auf der Seite der „Sezession“ schon vor längerer Zeit der Vorwurf, ich hätte Sex mit meinem Hund. Sie haben, nachdem Ihr Mann verstarb, sich auch einen Hund angeschafft: ich weiß nicht, wie Sie sich bei solchen Angriffen fühlen würden. Diese Art von böswilligen Angriffen bin ich inzwischen reichlich gewöhnt.

Nein, ich meine die offenen antisemitischen Ausfälle auf Twitter (wir haben ein ganzes Expose mit solchen – geschrieben von dem wichtigsten Vordenker von Schnellroda und der IB, Martin Lichtmesz, erstellt) sowie der von Kubitschek gegen Michael Stürzenberger, andere verdiente Islamkritiker wie Imad Karim und auch mich erhobene Vorwurf, wir seien „islamophob“ (so wörtlich!).

Dass Sie nun auf den Trick bestimmter Kreise hereingefallen sind, diese Kritik zu einer an der ganzen AfD umzuinterpretieren, finde ich sehr enttäuschend. Vermutlich lag es an Ihrer mangelhaften Information und dass Sie blind Kreisen vertraut haben, die sie als nützlich für den nach wie vor äußerst schwierigen Zustand der „Stiftung“ halten. Dies war nicht die erste Mail, die in die besagte Richtung ging. Als Sie dann aber meine journalistische Arbeit als „undifferenziert Amoklaufen“ bezeichneten und ergänzten, ich müsse mich jetzt „mäßigen“, da sich die „Stiftung sonst von mir trennen müsse“, war ein Punkt erreicht, an dem ich wusste, dass in jeder Minute, die ich länger unter diesen Umständen im Kuratorium verweile, ich mein Ideal freier Medien und eines nicht gleichgeschalteten Journalismus verrate.

Nizza, 01. Juli 2019 Dr. David Berger

*****

Erika Steinbach bricht jeden Kontakt ab

(Patrizia von Berlin) Frau Steinbach schreibt „Ihre Freiheit als Journalist steht außer Frage“. Das ist kein Dementi des Versuchs einer Einflussnahme auf die Berichterstattung durch Philosophia Perennis. Es ist eine allgemeine Floskel ohne inhaltlichen Zusammenhang.

Die Mails und das Handeln von Frau Steinbach lassen mehrere Fragen offen:

  • Aufgrund welcher Informationen sind die Vorwürfe gegen David Berger, er würde „einen „erheblichen Teil der AfD rundweg als Antisemiten und Homophobe“ bezeichnen entstanden?
  • Warum wurden eventuelle Vorwürfe nicht zunächst im vertraulichen Gespräch mit Dr. Berger abgeklärt?
  • Haben eine oder mehrere Personen bei Frau Steinbach interveniert oder ist sie bereit das auszuschließen?

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Update 7. Juli 2019:

1.) Frau Steinbach hat bis heute nicht auf die Fragen geantwortet.

2.) Für alle, die manche in letzter Zeit auf meinem Blog erschienene Artikel nicht verstanden haben: Wir haben nur vor dem gewarnt, was jetzt der Bundesvorstand der AfD mit großer Sorge feststellt:

„AfD-Vorstand fürchtet rechtsextremistische „Unterwanderung“ AfD-Chef Meuthen appelliert laut einem Bericht dafür, Rechtsextreme aus der Partei auszuschließen. Als Beispiel nennt er Doris von Sayn-Wittgenstein“ (so die ZEIT) –

Gut, dass Meuthen nicht im Kuratorium der Desiderius Erasmus Stiftung sitzt, sonst müsste ihm Frau Steinbach auch mit dem Ausschluss drohen, wenn er nicht den Mund hält …

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Während der Präsident des Kuratoriums Prof. Otte sehr viel Verständnis für meinen Schritt zeigte, muss es wohl in dieser Zeit soweit gewesen sein, dass mich Frau Steinbach auch auf Facebook entfreundet und dort sowie auf Twitter sogar gesperrt hat, was mich ob seiner Infantilität zu einer etwas ironischen Reaktion brachte: